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Persönlicher Kommentar

Viel Glück und ein gutes Händchen, Hildburghausen!

Ein persönlicher Kommentar zur Bürgermeisterwahl am 4. Juni 2023

Seit bald 19 Jahren bin ich im Landkreis Sonneberg zuhause und beobachte mit hohem Interesse die Geschehnisse in meinem Nachbarlandlandkreis Hildburghausen. Das mag auch daran liegen, dass meine alte Heimat, also der Landkreis und die kreisfreie Stadt Coburg, der Landkreis Sonneberg und der Landkreis Hildburghausen, jeweils in ihren ursprünglichen Gebietszuschnitten, eine historische Einheit bilden, die man unter dem Begriff Pflege Coburg kennt. Hier spricht man Itzgründisch. Hier kommt mein Nachname her.

Hildburghausen hat den vorherigen Bürgermeister von Die Linke abgewählt. Ein demokratischer Vorgang. Auch drei SPD-Stadträte haben in ihrer Verantwortung als kommunale Mandatsträger die Abwahl mit ihrer Stimme im Hildburghäuser Stadtrat ermöglicht. Was für ein Skandal!

Nun können die Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen Hochschulstadt morgen einen neuen Bürgermeister wählen. Die Hochschule hat Hildburghausen zu DDR-Zeiten auf Grund der Grenznähe verloren. Davon profitiert haben die Hochschulen in Schmalkalden und in Ilmenau. Der Wahlkreis Ilm-Kreis I, in welchem die Stadt Ilmenau liegt, war zur Landtagswahl 2019 der einzige Wahlkreis abseits der größeren Städte an der Perlenkette entlang der A4 gewesen, in dem B‘90/Grüne mehr als 5,0% Zweitstimmen bekamen. Wer weiß also, welche politische Stimmung heute in der Stadt Hildburghausen vorherrschen würde, wäre Hildburghausen Hochschulstadt geblieben?

Als heimatgeschichtlich interessierter Mensch fällt mir auch auf, dass der heutige Landkreis Hildburghausen doch auch recht zusammengewürfelt ist. Schleusingen war sehr lange Zeit selbst Kreisstadt gewesen. Suhl und Teile der Verwaltungsgemeinschaft Dolmar-Salzbrücke gehörten zum Kreis Schleusingen, welcher letztendlich bereits Ende des 16. Jahrhunderts entstand und bis 1952, die letzten sechs Jahre als Landkreis Suhl, existierte. Vor allem das ehemalige Amt Themar, zu dem Kloster Veßra nicht gehörte, aber auch das ehemalige Amt Römhild haben aus historischer Sicht eigentlich einen stärkeren Bezug zu Meiningen als zu Hildburghausen. Die heutige Bindung zu Hildburghausen wurde erst 1868 manifestiert. Ob dies alles in Summe ein Grund für die Uneinigkeit und den daraus resultierenden Stillstand im Landkreis Hildburghausen ist?

Das sind natürlich auf den ersten Blick reine Spekulationen von mir. Mir fällt allerdings schon sehr das zwischen den Landkreisen Sonneberg und Hildburghausen sehr unterschiedliche politische Klima auf.

Der ursprünglich aus München stammende parteilose Kandidat Florian Kirner, der sich als politisch links stehend einordnet, hat einen großen Anteil sowohl an der regulären Abwahl des ehemaligen CDU-Bürgermeisters, Holger Obst, als auch an der vorzeitigen Abwahl des Bürgermeisters von Die Linke, Tilo Kummer. Ich habe den Eindruck, dass er bezüglich der ersten Abwahl sein Engagement heute eher sehr kritisch sieht. Jetzt sind ihm der Neufang und ein besseres Miteinander in seinem sehr professionell gemachten Wahlkampf die wichtigsten Punkte. Florian besitzt insbesondere als kulturschaffender Mensch einen hohen Bekanntheitsgrad. Weiterhin ist er für seine eher maßnahmenkritische Haltung zur Corona-Politik bekannt.

Der ebenfalls parteilose Kandidat Patrick Hammerschmidt wurde 2019 für die CDU in den Stadtrat gewählt, gehört aber seit einiger Zeit im Stadtrat, zusammen mit drei weiteren CDU-Abweichlern, zur neuen Fraktion Pro HBN. Man munkelt, dass er gar nicht so scharf auf den Posten des Bürgermeisters ist, dass er seine Kandidatur selbst eher nur als Alternative betrachtet. Dagegen spricht allerdings der doch sehr aufwändige Wahlkampf.

Die einzige verbliebene CDU-Stadträtin, Kristin Obst, kandidiert bewusst ebenfalls als Einzelbewerberin. Hier kommen natürlich auch die mitunter massiven Verwürfnisse der letzten Jahre innerhalb der Kreis-CDU, darunter ihre Abwahl als Kreisvorsitzende, zum tragen. Ich nehme es ihr allerdings auch ab, dass es ihr für den aktuellen Zeitpunkt auch ein grundsätzliches Anliegen ist, nicht für eine Partei zu kandidieren.

Die Kandidatin von Die Linke, Kathrin Reinhardt, ist als Mensch wohl nicht unbedingt eine allzu große Sympathieträgerin. Ihre Kandidatur ist natürlich irgendwo auch eine Trotzreaktion der Hildburghäuser Die Linke auf die Abwahl deren Bürgermeisters. Sie ist bei einzelnen kommunalen Themen wohl auch schon etwas vorbelastet.

Festzustellen ist, dass, mit Ausnahme von Die Linke und Pro HBN, keine andere im Stadtrat vertretene Partei oder Wählergruppe einen Kandidaten aufgestellt hat. Ich möchte das mal als taktisch-strategische Zurückhaltung werten. Für mich ist hier nun die große Frage, wie sich die Protest- und Stammwähler der rechtspopulistischen und -extremistischen AfD und die der NPD-Tarnliste BZH an der Wahlurne verhalten werden. Wenn ich mir das Feld der Kandidatinnen und Kandidaten so anschaue, sehe ich hier Stimmen maximal für Patrick Hammerschmidt und Kristin Obst. Nur bezüglich der Protestwähler sehe ich hier auch mögliche Stimmen für Florian Kirner. Für mich ist das eine sehr spannende Geschichte! Ich werde dann morgen Abend wieder ein Poweruser der Webseite der Stadt Hildburghausen sein.

So ein langer Text und noch kein Wort zur ÖDP? Nun gut, wir hatten die letzten zwei Jahre erfreulicherweise einige Parteieintritte in Hildburghausen. Eine Beteiligung von ÖDP-Mitgliedern an der nächsten Kreistagswahl ist recht sicher. Ob diese mit einer eigenen ÖDP-Liste erfolgt, ist aktuell eher unklar. Das hängt u.a. auch davon ab, ob die Amtseintragung für die Sammlung der Unterstützungsunterschriften doch noch entfällt. Ob es eine ÖDP-Liste für die Stadtratswahl in Hildburghausen geben wird, hängt etwas vom Ausgang der morgigen Bürgermeisterwahl ab.

Ich wünsche jedenfalls den Menschen in der Stadt Hildburghausen ein gutes Händchen bei der morgigen Bürgermeisterwahl und als Ergebnis einen Bürgermeister, dem es tatsächlich gelingt, Hildburghausen in gewisser Weise zu befrieden.

 

P.S.: Ich bin kein Freund des Genderns. Natürlich beziehen sich alle betreffenden Aussagen auf alle Geschlechter.

 

Autor/in:
Martin Truckenbrodt
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Blogbeiträge stellen die persönliche Meinung einzelner Parteimitglieder dar. Diese kann in Einzelfällen von der Programmlage der Partei abweichend sein. Auch ist es möglich, dass zu einzelnen Themen und Aspekten in der ÖDP noch keine Programmlage existiert.