Pressemitteilung
Verfassungsgerichtshof bestätigt längeren Hebel des Thüringer Landtags
Ökologisch-Demokratische Partei enttäuscht, jedoch nicht überrascht, von Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs in Weimar
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof in Weimar im Organstreitverfahren VerfGH 21/22 der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) zugunsten des Gesetzgebers, also des Thüringer Landtags, entschieden. Der Antrag scheiterte rein aus formalen Gründen an der Zulassung. Im Verfahren ging es vor allem darum, dass bei Landtagswahlen in Thüringen für Direktkandidaten (Wahlkreisvorschläge) deutlich mehr Unterstützungsunterschriften gesammelt werden müssen, als in anderen Bundesländern. In Thüringen sind es 250 Unterschriften, in den meisten anderen Bundesländern nur 100. Die Thüringer ÖDP hat sich vor Gericht selbst vertreten.
Dazu ÖDP-Landesvorsitzender Martin Truckenbrodt (Landkreis Sonneberg) nach der Urteilsverkündung: „Es war eine knappe Entscheidung gewesen, leider aus formalen Gründen zu unseren Ungunsten. Dass das Gericht inhaltlich auf unserer Seite stand, war an der mündlichen Verhandlung am 19. April deutlich erkennbar gewesen. Zur inhaltlichen Bewertung im Rahmen der Urteilsverkündung, dem zweiten Schritt, kam es jetzt leider erst garnicht. Für uns stellt sich nun vor allem auch als Demokraten die Frage, wie man eine solche ganz offensichtlich nicht verfassungsgemäße und ungerechte Regelung als kleinere Partei beseitigen kann, solange man nicht selbst Teil des Gesetzgebers ist, sich also zur etablierten Partei gemausert hat. Den Gang in die nächste höhere Instanz, also an das Bundesverfassungsgericht, wo für mündliche Verhandlungen ein Anwaltszwang besteht, können wir uns zumindest als kleiner Landesverband mit aktuell 67 Mitgliedern nicht leisten. Auch scheint dieser Schritt leider keinen Sinn zu machen. Wir haben erst kürzlich aus dem Büro des Landeswahlleiters in einem persönlichen Gespräch erfahren, dass diese ungerechte und offensichtlich nicht verfassungsgemäße Regelung bereits 1993, als sie in Kraft trat, vom damaligen Landeswahlleiter kritisiert wurde. Was soll man davon halten, dass diese 30 Jahre später und nachdem wir den Gesetzgeber mittlerweile bereits in drei Gesetzgesetzgebungsverfahren in den von uns erbetenen Stellungsnahmen darauf hingewiesen haben immer noch gültig ist? Der Gesetzgeber sitzt am längeren Hebel. Wir, die nichts anderes wollen, als uns ohne unverhältnismäßig hohen Aufwand Wählerinnen und Wählern als demokratische Alternative anzubieten, sind hier machtlos und stehen letztendlich auch vor dem Verfassungsgericht vor verschlossenen Türen. Dabei ist für uns die Aufstellung von Direktkandidaten besonders wichtig, weil wir erfahrungsgemäß nur mit diesen Zugang zumindest zu einigen Podiumsdiskussionen und Medienberichten bekommen. Aber vielleicht erbarmt sich der Gesetzgeber ja doch noch unser? Sobald wir für einen Direktkandidaten mehr als 100 jedoch nicht 250 Unterstützungsunterschriften erreichen sollten und dieser deshalb nicht zur Wahl zugelassen werden sollte, ist es nicht unwahrscheinlich, dass wir die Wahl in diesem Wahlkreis über den hierfür vorgesehenen Rechtsweg anfechten werden.“
Im Zusammenhang mit der nächsten Landtagswahl in Thüringen weist der ÖDP-Landesvorsitzende noch auf folgende Problematik hin: „Es ist mittlerweile wohl sehr wahrscheinlich, dass bei unserer nächsten Landtagswahl sowohl die FDP als auch B‘90/Grüne und eventuell sogar die SPD an der 5%-Sperrklausel scheitern werden. Das wäre auch aus unserer Sicht natürlich fatal! Das muss dringend durch eine Abschaffung der 5%-Sperrklausel verhindert werden. Nach der Wahl ist es zu spät dafür! Und wenn dann auch noch ÖDP, Piratenpartei, Freie Wähler und Volt mit einzelnen Mandatsträger in den Thüringer Landtag einziehen werden, werden daran weder der Freistaat Thüringen noch die Demokratie zu Grunde gehen. Stattdessen wäre Thüringen nur mit Die Linke, CDU, AfD und maximal noch SPD im Landtag dank der5 %-Sperrklausel dann endgültig nicht mehr regierbar. Zumindest wird es dann erst recht keine Mehrheitsregierung mehr geben, selbst wenn sich die CDU für eine aktive Zusammenarbeit auf Sachebene mit Die Linke öffnen würde. Die AfD bekäme durch die wegfallenden Wählerstimmen vermutlich noch mehr Gewicht im Landtag. Saarländische Verhältnisse wären also für Thüringen die totale Katastrophe. Unsere Parlamentarische Demokratie braucht einen Neuanfang, unter anderem in Form von mehr Demokratischer Vielfalt. Wenn die anderen etablierten Parteien nicht endlich handeln und ihr eigennütziges Ringen und Schachern um Posten bleiben lassen, wird die AfD in absehbarer Zeit diesen Neuanfang bestimmen. Wir, die ÖDP, wollen das jedenfalls nicht! Das sage ich insbesondere auch als Einwohner des Landkreises Sonneberg.“