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Pressemitteilung

ÖDP klagt auf Außerkraftsetzung der 5%-Sperrklausel bereits für den 1. September

Gewährleistung einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Thüringer Landtag ohne AfD

Thüringer Landeswahlgesetz

Nachdem der Landeswahlausschuss an seiner heutigen Sitzung die Landesliste der ÖDP (Ökologisch-Demokratische Partei) zur Landtagswahl zugelassen hat, klagt die ÖDP nun per Eilantrag auf Außerkraftsetzung der 5%-Sperrklausel bereits zur kommenden Landtagswahl am 1. September 2024. Der ÖDP geht es hier nicht nur um ihre eigenen Interessen. Es geht ihr hier auch um die Gewährleistung einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Thüringer Landtag ohne die Stimmen der Abgeordneten der AfD. Und es geht darum, die Bildung einer stabilen Mehrheitsregierung zu erleichtern. ÖDP-Landesvorsitzender Martin Truckenbrodt sieht eine mögliche Koalition aus CDU und BSW in diesem Zusammenhang sehr kritisch.
Je mehr Wählerstimmen, und damit je mehr Parteien, im Thüringer Landtag vertreten sind, desto geringer wird der Anteil der Sitze für die AfD im Parlament. Die Situation ist in Thüringen aktuell besonders kritisch, weil sowohl SPD und B‘90/Grüne als auch FDP an der 5%-Sperrklausel zu scheitern drohen. Betrachtet man das Thüringer EU-Wahlergebnis von Die Linke von lediglich 5,7 Prozent, so könnte auch Die Linke an der 5%-Sperrklausel scheitern. Die Folge wäre ein Thüringer Landtag, welcher nur noch aus Abgeordneten von CDU, BSW und AfD bestehen würde.

5%-Sperrklausel zeigt sich als Bumerang

Die 5%-Sperrklausel wurde in den 1950er Jahren in der damaligen BRD eingeführt. Damals saßen mehrere rechtsnationalkonservative und rechtsextreme Parteien in mehreren Landtagen und im Bundestag. Es gab damals jedoch mit CDU, CSU, SPD und FDP im Wesentlichen auch nur vier Parteien, welche man heute als etablierte Parteien bezeichnen würde. Heute gehören hier ebenfalls B‘90/Grüne, Die Linke und AfD dazu. Nimmt man ebenfalls aktuell in mehreren Landtagen vertretene Parteien hinzu, haben diesen Status auch die Partei Freie Wähler und ab 1. September voraussichtlich auch BSW. Die Parteienlandschaft hat sich also in Deutschland die letzten Jahrzehnte deutlich verändert. Die 5%-Sperrklausel beförderte zudem die Gründung von neuen Parteien.
Die 5%-Sperrklausel gewährleistet nicht das Zustandekommen von stabilen Mehrheitsregierungen. Die aktuelle Minderheitsregierung in Thüringen ist bereits die dritte Minderheitsregierung in Deutschland. In Nordrhein-Westfalen kam es 2012 auf Grund einer Minderheitsregierung zu einer vorzeitigen Neuwahl des Landtags. In Thüringen sollte diese 2021 stattfinden, scheiterte u.a. an einer für diesen Fall lückenhaften und damit ungenügenden Landeswahlgesetzgebung.
Den Aufstieg der AfD zur etablierten Partei hat die 5%-Sperrklausel ebenfalls nicht verhindert. Nun kann die 5%-Sperrklausel sogar dafür sorgen, dass eine als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestufte Partei unverhältnismäßig viele Sitze im Thüringer Landtag bekommt, weil deutlich mehr als 20 Prozent der Wählerstimmen nicht im Thüringer Landtag vertreten sein könnten.

Ende des taktischen Wählens ist Chance für die ÖDP

Die ÖDP müsste an der Landtagswahl am 1. September ihr letztes Zweitstimmenergebnis von 2019 von 0,4 Prozent lediglich in etwa verdoppeln, um mit einem Sitz in den Thüringer Landtag einziehen zu können. Truckenbrodt hält dies für sehr wahrscheinlich, da es dann keinen vermeintlichen Grund mehr für ein taktisches Wählen gibt. Die Erfahrung mit nunmehr drei Europawahlen ohne 5%-Sperrklausel zeigt, dass es ohne Sperrklauseln maximal zu einer Verdoppelung der Anzahl der im Parlament vertretenen Partei kommt.

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